Vereinsleben von 1945 bis heute
Text und Recherche: Karoline Schodterer
Der Vereinsvorstand Hans Wirl begann 1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, gemeinsam mit Chorleiter Josef Lechner den Wiederaufbau des Vereins. Eine Sängerzahl wie im Jahre 1924 – da zählte der Verein 65 aktive Mitglieder – würde der Männergesangverein wohl nicht mehr erreichen, aber die Lage verbesserte sich Schritt für Schritt. Schon 1946 waren es wieder 44 aktive Sänger und 1951 durfte sich der Verein über 58 Chormitglieder freuen.
Chorleiter Alois Wagner – Direktor der Knabenhauptschule – leitete von 1948 an den Chor und prägte ihn nachhaltig. Noch heute werden die „Wagner-Lieder“ mit Enthusiasmus gesungen. Er führte ein schulisches Regiment und wenn seine Männer zu „schwätzen“ begannen, flog schon mal das eine oder andere Stück Kreide in die Reihe der Störenfriede.
Dem Langzeit-Chorleiter Alois Wagner folgten im Jahr 1982 Josef Sams und 1990 Norbert Deininger. In den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts geriet der Verein in einige Turbulenzen, was zu einem zweimaligen Wechsel der Chorleitung führte. Aber im Sinne des Sprichworts: „Jedes Ende ist ein neuer Anfang!“, gelang es dem neuen Obmann Adrian Sams 2015 Frau Mag. Christine Wieder als neue Chorleiterin zu gewinnen. Seither steigt die Zahl der aktiven Sänger stetig und der Chor verjüngt sich zusehends. Zum Antritt Christine Wieders als Chorleiterin war in den Oberösterreichischen Nachrichten zu lesen: „Frau belebt Männerchor! […] Seit mit Christine Wieder eine Frau die Leitung der singenden Männer übernahm, hat sich die Zahl der Sänger auf 30 verdoppelt. Manche kamen nach längerer Pause zurück, andere stiegen völlig neu ein. Im Prinzip kann man von einer Chorneugründung sprechen, sagte die Chorleiterin anlässlich der 172. Jahreshauptversammlung Anfang 2017.“
Konzerttätigkeit
Eines der ersten Konzerte nach dem Krieg fand am 29. März 1947 anlässlich des 150. Geburtstags des Liederfürsten Franz Schubert im Konzertsaal des Kurhauses statt. Alle Konzerte der letzten 75 Jahre aufzuzählen, würde eindeutig den Rahmen sprengen, aber auch nur die Erwähnung einiger Konzertfixpunkte des Männergesangverein 1845 zeigt, wie überaus ernst der kulturelle Auftrag genommen wurde und nach wie vor wird.
So gehörte bis zur Jahrhundertwende das Bad Ischler Adventsingen mit mehr als 170 Akteuren zum weihnachtlichen Musikgeschehen. Seit 1998 hat das Weihnachtskonzert „In dulci jubilo“ mit wechselnden Gastchören und Musikgruppen einen fixen Platz im Bad Ischler Kulturkalender.
1966 wurde von Pfarrer Schlosser die Pfandler Faschingsgaudi ins Leben gerufen und die „Pfandler-Pass“ des Männergesangvereins war von Anfang an nicht nur sängerisch, sondern auch mit den drei herausragenden Conférenciers Emil Zulehner, Fritz Scheutz und Werner Fahrner mit dabei. Legendär waren die Auftritte von „Graf Boby“ alias Walter Schmid. Auch heute noch sind die Sänger im Zweijahrestakt auf dieser Veranstaltung vertreten.
1980 wirkten die Sänger des Vereins in Fritz Kreisler‘s Operette „Sissy“ unter der Intendanz von Prof. Eduard Macku mit. In der Ischler Wochenrundschau hieß es damals: „Es majestätelt wieder auf fröhliche Weise“.
Beteiligungen an Gausingen, Chorwettbewerben und der Chorweihnacht in verschiedenen Orten des Salzkammerguts gehören genauso zur Konzerttätigkeit wie das „Singen auf Wildenstein“ der 70er Jahre, das 1973 in der Salzkammergutzeitung
als „eindrucksvolles Musizieren auf der Burg“ gelobt wurde. Auch beim Stadtfest der 90er Jahre, auf Weihnachtsmärkten oder dem großartigen Blumencorso anlässlich der Landesgartenschau im August 2015 gab der MGV seine Gesangskunst zum Besten.
2018/19 widmeten sich die Sänger mit Konzerten in Gmunden und Bad Ischl dem „Kaiserlichen Brahms“. Anlässlich dieser Konzerte arrangierte der Organist Klaus Oberleitner aus Steyr die Kaiserhymne von Josef Haydn neu für den Männergesangverein. Ein weiterer Fixpunkt im Sängerjahr ist das weihnachtliche Singen am 24. Dezember im Krankenhaus, wobei die Sänger von Station zu Station wandern und den Patienten „ein wenig Weihnacht“ ans Krankenbett bringen.
Im Juli 1958 wurde jedoch der Stolz der Bad Ischler Sänger auf eine harte Probe gestellt. Beim Sängerbundfest in Wien, das sogar mit einer Walther von der Vogelweide-Sondermarke geehrt wurde, begrüßte der damalige Wiener Bürgermeister Franz Jonas die nahezu eintausend Sängerinnen und Sänger, doch der Bad Ischler Männergesangverein 1845 war für die Zuseher nicht wirklich sichtbar, denn die Vereinstafel war im Quartier vergessen worden und so mussten die Ischler Sänger wohl oder übel mit dem St. Wolfganger Männergesangverein mit marschieren.
Geselligkeit ist großgeschrieben
Neben unterhaltsamen Vereins-Familienabenden ging es auch manchmal etwas härter zu, so mussten beispielsweise im Winter 1951 die Tenöre gegen die Bässe auf die Eisbahn. Familienabende mit musikalischen und kabarettistischen Einlagen gehörten bis in die 90er Jahre zu Fixterminen des Vereins. Vereinsausflüge führten die Sänger gemeinsam mit ihren Partnerinnen sowohl ins benachbarte Ausland nach Bayern, Ungarn, Italien und Tschechien als auch ins Waldviertel, nach Kärnten, die Südsteiermark oder manchmal auch „nur“ auf die Hoisnradalm.
Seit dem Jahr 2007 veranstaltet der Männergesangverein alljährlich im Frühling eine Weinverkostung, die sich großer Beliebtheit erfreut. Die Präsentation der Weine verschiedener österreichischer Winzer wird kulinarisch und sängerisch bestens begleitet und auch der eine oder andere befreundete Chor hat die Weinverkostung schon für einen Sängerausflug genutzt. Jubiläen von Mitgliedern wie auch Goldene und Grüne Hochzeiten wurden besungen, runde Geburtstage gefeiert, und weil auch das zum Vereinsleben gehört, erwies man Sangesbrüdern auf ihrem letzten Weg musikalisch die Ehre.
Stellvertretend soll hier nur ein besonderer runder Geburtstag mit historischem Hintergrund erwähnt werden. 2016 wurde der 70. Geburtstag von Sangesbruder Mag. Markus Habsburg-Lothringen besungen. Hier schließt sich ein Kreis, denn bereits im Oktober 1849 sang der Männergesangverein seinem Urgroßvater Kaiser Franz Josef I. ein Ständchen anlässlich dessen Namenstags.
Der Sängerball
Der Sängerball war von 1955 bis 1986 ein Fixpunkt im Bad Ischler Faschingsgeschehen. Der erste Sängerball fand am 14. Jänner 1956 im Café Ramsauer statt und war ein großartiger Erfolg. Im Jänner 1967 wurde das Ramsauer zu klein und der Ball übersiedelte in den großen Kurhaussaal. Die Dekorationen, für die Heinz Preisch verantwortlich zeichnete, waren legendär. Der Sängerball galt lange Jahre als der beste Maskenball im Salzkammergut. Sein Ende fand er durch zunehmende Alkoholexzesse mancher Besucher, denen die Sänger, die selbst die Aufsicht übernehmen mussten, nicht mehr gewachsen waren.
Chorliteratur
Das Repertoire des Männergesangverein Bad Ischl war und ist breit gefächert. Es reicht von romantischen Chorwerken der Komponisten Brahms und Schubert über Kirchenmusik, moderne Chorliteratur und Volksmusik bis hin zu A-capella-Musik wie z. B. „Der kleine grüne Kaktus“ oder „Veronika, der Lenz ist da“ von den Comedian Harmonists. Ein ausschließlich für Männerchöre typisches Liedgut stellen die „Trinklieder“ dar, die seit der Gründung des Vereins zum fixen Repertoire gehören. Der Wein wird aber nicht nur besungen, sondern auch nach der Chorprobe mit Begeisterung genossen.
2018 hielt das digitale Zeitalter auch im Probelokal des Männergesangvereins Einzug. Das an die 800 Chorwerke umfassende Notenarchiv wurde digitalisiert und ein neues Ordnungssystem eingeführt.
Gesangsproben
Die Proben des Männergesangverein Bad Ischl wurden bis 1971 im Hotel Goldenes Schiff abgehalten. 1972 übersiedelten die Sänger in ihr neues Vereinsheim, den Gasthof „Neue Welt“ in der Egelmoosgasse, wo sie von ihrer „Herbergsmutter“ Frau Ida Eberhard in den Pausen mit Bier versorgt wurden. Heute weht ein anderer Wind. Das wohlverdiente Achterl oder Bierchen gibt es erst nach Probenende, es wurde bis zu seiner gesanglichen Pension 2019 von Hermann Schagerl eingeschenkt.
1988 bis 1995 probten die Sänger im Festsaal der Landesmusikschule Bad Ischl, bis am 18. Oktober 1996 Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer das Musikheim in der Schulgasse 15, das künftig der Bürgermusik und dem Männergesangverein 1845 eigene Proberäume bieten sollte, seiner Bestimmung übergab. Die Proberäume wurden 2019 renoviert und danke der Digitalisierung des Notenarchivs konnte mehr Platz geschaffen werden.
Der Männergesangverein Bad Ischl 1845 in Zahlen - 1945 bis heute
Chorleiter
Mag. Christine Wieder seit 2015
Josef Sams 2006 - 2015
Peter Kögler 1996 - 2006
Norbert Deininger 1990 - 1996
Josef Sams 1982 - 1990
Alois Wagner 1948 - 1982
Josef Lechner 1945 - 1948
Obmänner
Adrian Sams seit 2015
Karl Saller 2006 - 2015
Dr. Wolfgang Wihan 2003 - 2006
Alois Lemmerer 1996 - 2003
Dr. Wolfgang Zeller 1990 - 1996
Mag. Gerhard Moser 1983 - 1990
Hans Kienberger 1967 - 1983
Hans Schwarzbauer 1958 - 1967
Julius David 1957 - 1958
Josef Grobner 1956 - 1957
Willibald Fritsch 1952 - 1956
Hans Wirl 1945 – 1952
Jubiläen
Dem Alter des Männergesangverein Bad Ischl 1845 entsprechend gab es bereits viele Jubiläen zu feiern. 1935 – anlässlich der 90-Jahr-Feier – wurde die in die Jahre gekommene Fahne der Stifterin und Fahnenmutter Gräfin Elisabeth von Sickingen durch eine wunderschöne neue Fahne ersetzt (siehe Titelbild der Festschrift). Auf Anregung von Frau Käthe Braumandl und Frau Dr. Hermine Koch taten sich Bad Ischls Frauen zusammen und übergaben die neue Fahne, die auch heute noch zu festlichen Anlässen verwendet wird, dem Verein.
1955 wurde dem Verein im Rahmen der Jubiläumsfeier die Vogelweider-Verdienstmedaille, die höchste Auszeichnung des Österreichischen Sängerbundes, für 110 Jahre im Dienste der Gesangskultur verliehen. Zum 120-jährigen Bestehen des Männergesangverein Bad Ischl schrieb Margit Bachler Rix, freie Journalistin der Salzkammergut Zeitung, ein Loblied auf den Männergesangverein. Zu diesem Jubiläum wurde dem Verein die Anton-Bruckner-Fest-Erinnerungsmedaille überreicht, die anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Oberösterreichisch-Salzburgischen Sängerbundes 1864 gefertigt wurde. Das 150-jährige Jubiläum des Männergesangvereins wurde mit einem „großartigen Chorkonzert“, so die Ischler Wochenrundschau, im großen Kurhaussaal würdig gefeiert.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Presseberichte in den lokalen Medien und den Oberösterreichischen Nachrichten füllten zwölf Ordner, obwohl es von 2003 bis 2015 keinen ernannten Archivar gab. Aber nicht nur Printmedien berichteten, auch der Hörfunk und der Deutsche Fernsehsender ZDF brachten zwischen 1969 und 1995 mehrmals Aufnahmen des Männergesangverein Bad Ischl in den Sendungen „Stimm mit uns ein“ und „Sonntagskonzert“.
1985 erschien die erste Langspielplatte „Das ist die stillste Zeit im Jahr“ gemeinsam mit dem Chor der HBLA Bad Ischl, der Ischler Stubenmusi und dem Blockflötenensemble der Landemusikschule Bad Ischl unter der Gesamtleitung von Chorleiter Josef Sams. 1988 folgte die Langspielplatte „Auf lasst uns Singen“. 2003 und 2012 erschienen zwei weitere CD-Aufnahmen mit Weihnachtsmusik. 2014 entstand ein erstes YouTube-Video.